Mittwoch, 4. Juni 2014

Dies und Das über das Land der Dichter und Denker


Kaum ein Werk hat das Deutschland-Bild so nachhaltig geprägt, wie das vor 200 Jahren erschienene Buch  "De l'Allemagne" der französischen Schriftstellerin Germaine de Stael.

Deutschland das Land der Dichter und Denker - dieses Bild wurde vor 200 Jahren entworfen und international verbreitet. Damals, 1813, erschien in England das französische Buch  "De l'Allemagne" über Deutschland. Es prägte das Bild der Deutschen für viele Jahrzehnte und wirkt bis heute nach. Dabei ist es in erster Hinsicht eher ein Buch über Frankreich.

Sie war eine fulminante Französin (1766-1817), Tochter des französischen Finanzministers Jacques Necker, Fürstin der Pariser Salons. Sie spielte eine aktive Rolle während der Französischen Revolution, begeisterte sich für Napoleon, an dem ihr Charme aber abprallte.
Von Napoleon verbannt, unternahm sie in den Jahren 1803/1804 und dann noch einmal 1807/1808 zwei ausgedehnte Deutschlandreisen. Sie traf u.a. Goethe und Schiller. Da Schiller des Französischen nicht so mächtig war, konnte er den Gesprächen kaum folgen. Nach ihrer Rückkehr verarbeitete sie ihre Reiseeindrücke zu eben diesem Buch. Die gesamte erste Auflage wurde jedoch 1810 auf persönliche Intervention Napoleons beschlagnahmt, so dass sie den Wälzer erst drei Jahre später im Londoner Exil herausbringen konnte. Es wurde ein internationaler Bestseller. Sie stieß in eine Marktlücke, denn es gab kaum Bücher über Deutschland. Und es gab auch Deutschland noch nicht. Es gab nur eine Vielzahl von Territorien, in denen zwar Deutsch gesprochen wurde, die aber unterschiedlicher kaum sein konnten. Die nördlichen waren protestantisch, die südlichen katholisch. Die östlichen waren feudal geprägt, die westlichen von bürgerlichen Tendenzen Englands und Frankreichs beeinflusst.

Madame de Stael hatte den berühmten Blick von außen und erkannte durchaus Verbindendes.
Deutschland war zwar kein Staat, aber es war eine Geisteshaltung. Deutsch zu sein bedeutete, die Dinge gründlich zu durchdenken. Deutsche waren grübelnde Tiefschürfer. Sie begeisterten sich für Philosophie, Literatur und Musik. Die leichte Konversation, die Mode, der gute Geschmack, Witz und Esprit, all das war hingegen nicht ihr Metier.

Während das Buch in Frankreich jahrzehntelang als das Standardwerk schlechthin galt, wurde es in Deutschland verrissen. Viele Rezensenten werteten es keineswegs als Kompliment. Sie wollten gar keine Dichter und Denker sein. Heinrich Heine fand das Buch zu schmeichelhaft.
Tatsächlich entwarf die Napoleon-Hasserin Deutschland als Gegenbild zu ihrer Heimat. Frankreich war für sie militaristisch, Deutschland friedliebend. Frankreich ging gebückt unter der Knute Napoleons, in Deutschland waren die Gedanken noch frei. Dass das alles ein wenig einseitig war, erkannte sie 1814 selbst, als Paris von den Preußen besetzt wurde.

Das Buch ist nur noch antiquarisch zu bekommen. Erschienen ist es im Insel-Verlag, unter dem Titel "Über Deutschland" - 858 Seiten.

Schwere Kost - und ich will das Buch auch keineswegs empfehlen. Ich finde es nur spannend, wie man uns vor 200 Jahren gesehen hat. Ich habe das Werk beim Aufräumen wieder in die Hände bekommen. Ich lese seit drei Tagen darin und bin überrascht, welche Notizen ich mir vor mehr als 30 Jahren gemacht habe. Gerade durch diese Notizen hat es einen unschätzbaren ideellen Wert.

23 Kommentare :

  1. guten morgen irmi,
    das ist ja interessant. ich habe hier ein buch "unerschrockene frauen"von dieter wunderlich, das wollte ich auch schon vorstellen.
    da kommt die Germaine de stael auch vor. eine interessante frau. vielen dank fürs vorstellen.
    lg eva

    AntwortenLöschen
  2. Schon von gehört habe ich es noch nicht gelesen, kann mir aber sehr gut vorstellen das dieser Blickwinkel sehr interessant ist.

    Schönen Wochenteiler und herzliche Grüsse

    N☼va

    AntwortenLöschen
  3. Hallo liebe Irmi,
    ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Buch für Dich ein wahres Schatzkästchen ist. Ich darf gar nicht darüber nachdenken, was zwischenzeitlich aus dem Land der Dichter und Denker geworden ist. Ich wünsche einen angenehmen Tag. Grüßle von Frieda

    AntwortenLöschen
  4. Guten Morgen , meine liebe Irmi,
    das ist sicher ein sehr lesenswertes Werk, aber eher was für lange Winterabende ;O)
    Danke für die Vorstellung und Deinen tollen und informativen Post dazu!
    Ich wünsch Dir einen schönen und glücklichen Tag!!
    ♥ Allerliebste Grüße, Deine Claudia ♥

    AntwortenLöschen
  5. Liebe Irmi,

    ich lese zwar Bücher...oder hatte...aber so breitgefächert bin ich im lesen von Büchern nicht.
    So ist es stets interessant wenn du ein Buch vorstellst von dem ich nie gehört habe. :-)

    Gestern hatte ich auch ein Kommentar geschrieben, aber als ich ihn abgesendet habe war er weg, nun hoffe ich das dieser angenommen wird.

    Wünsche dir einen schönen Tag und alles Gute.
    Grüessli
    Julia

    AntwortenLöschen
  6. Liebe Irmi,

    an dieses Buch kann ich mich noch sehr gut erinnern. Wir haben im Französischunterricht Teile daraus gelesen. Das ist echt keine leichte Kost.
    Mir ist noch ein Zitat von ihr in guter Erinnerung: Alles verstehen, heißt alles verzeihen.

    Liebe Grüße und ein großes Dankeschön für die Vorstellung dieser Schriftstellerin
    Christa

    AntwortenLöschen
  7. Liebe Irmi, das Buch habe ich (noch) nicht gelesen. Dein Post hat mich aber neugierig gemacht
    ich wünsche Dir einen schönen Mittwoch
    Elisabeth

    AntwortenLöschen
  8. In Russland und China werden wir immer noch als DAS Land der Dichter und Denker geachtet. Jeder der dort das Geld hat schickt seine Kinder auf Privatschulen mit Deutschunterricht. In den höheren Klassen werden dort IMMER die Werke unserer deutschen Schriftsteller gelesen und ausführlich besprochen. Im Gegensatz zu dem was ich mit meinen Kindern auf deutschen Gymnasien/Privatschulen erlebt habe.

    Wohl dem der viel liest!

    Liebe Grüße
    Arti

    AntwortenLöschen
  9. Liebe Irmi, ich muss dir leider schreiben, dass mit das Buch nicht bekannt gewesen ist. Mit deinen Worten hast du es mir nähe gebracht. Gleichzeitig bewegt mich die Frage (auch wenn das Werk eher Frankreich reflektiert), wie würden die Franzosen heute das Land Deutschland einschätzen? Würden sie es noch schätzen?

    liebe Grüße an dich,
    egbert

    AntwortenLöschen
  10. Liebe Irmi,

    ja so manches alte Werk ist ein wahrer Wälzer *hihi* aber ab und zu braucht man auch schwere Kost, danke für deinen Einblick in dieses Buch.

    Ich wünsch dir einen schönen Tag

    LG Mela

    AntwortenLöschen
  11. Danke liebe Irmi für die Buch Vorstellung.
    Liebe Grüsse lasse ich da für dich heute von Bea

    AntwortenLöschen
  12. Ich finde es auch spannend, wenn ich in meiner Bibliothek auf Bücher treffe, die ich vor Jahrzehnten gelesen & handschriftlich kommentiert habe. Meine Erfahrung: in jedem Lebensalter gewinnt man solchen Büchern ganz andere Einsichten ab.
    LG
    Astrid

    AntwortenLöschen
  13. Liebe Irmi,


    ich wollte mal wieder HALLO sagen und wie immer ist es bei dir sehr sspannend.
    Allerdings lese ich solche Werke sehr selten und wenn , dann nur wenn ich
    viel Zeit habe, bzw. in den Wintermonaten. Ich bin auch immer sehr überrascht was
    ich manchmal in meine Bücher hinein schrieb und freue mich auch immer wieder darüber.

    Liebe Grüße
    Birgit

    AntwortenLöschen
  14. Ein kostbares Buch für dich, fürwahr!! Manchmal frage ich mich, was aus diesem Land der Dichter und Denker geworden ist. Ich glaube, da ist noch 'viel Luft nach oben'! LG Martina

    AntwortenLöschen
  15. Liebe Irmi,
    deine Buchbeschreibung liest sich sehr interessant. Klar, über 800 Seiten das ist ein gewaltiger Wälzer, aber es hört sich nach Gehirnfutter an. Bildung kann nicht schaden.

    Liebe Grüße
    Barbara

    AntwortenLöschen
  16. Liebe Irmi, dieses Buch ist für dich eine Erinnerung an alte Zeiten.
    Noch älter sind die Zeiten, die darin beschrieben werden.
    Leider ist es nicht mehr das Land der Dichter und Denker, es hat sich zu vieles verändert.
    Ganz liebe Grüße Bärbel

    AntwortenLöschen
  17. 858 Seiten! Wirst Du es noch einmal ganz lesen?
    Die Deutschen das Land der Dichter und Denker?

    Ich frage mich gerade, ob das noch stimmt.

    LG
    Barbara



    LG
    Barbara

    AntwortenLöschen
  18. I thought that we had so many poets, not though, thinkers are a bit behind, ha ha.

    AntwortenLöschen
  19. das ist ja wirklich ein gewaltiger schinken!
    liebe abendgruesse!

    AntwortenLöschen
  20. Hallo Irmi,
    wie interessant, dann findest du dich ja quasi selbst in dem Buch wieder (oder die Person die du damals gewesen bist)?
    Liebe Grüße,
    Heidi

    AntwortenLöschen
  21. Irmi, das hast Du hervoragend beschrieben. Ich wußte nix von dem Buch und Du hast noch eines - großer Glücksfall. Daß das Buch vergriffen ist kann ich mir vorstellen. Von wann ist das deinige und wannn war die letzte Ausgabe? Peter ist neugierig.

    AntwortenLöschen
  22. Liebe Irmi,
    Ja so ein ausführliches Buch dass durch anderen als schmeichelhaft beamt wird kann man in die Geschichte fast jede zoviele Jahrzehnten schreiben. Es änderte sich vieles und ständig. Dinge gründlich zu durchdenken stimmt aber doch! Bin stolz auch deutsches Blut zu haben und die Genen die bleiben ja lange.
    Liebe Grüsse,
    Mariette

    AntwortenLöschen
  23. Hallo Irmi,
    Ehrlich gesagt... also bei diesem Buch bzw. dieser Schriftstellerin muß ich passen. War mir nicht bekannt. Was die Aussage mal wieder bestätigt, man lernt nie aus. So alte Bücher liebe ich auch.
    Das Absurdistan Germanistan das Volk der Dichter und Denker ist, stimmt ja nur soweit, daß wir deren zwar Viele hervorgebracht haben, das "gemeine Volk" sie aber nie besonders gemocht und geehrt hat, geschweige denn gelesen. Da gibt es Völker die viel "ärmer" wie das deutsche V. sind, dennoch aber viel mehr Geld für Bücher ausgeben und auch lesen so z.B. das russische Volk und oft besser deutsche Literatur kennen wie der Deutsche selbst.
    Ansonsten ist zu bemerken, daß die Blödheit und Dummheit rasant anwächst, ein Volk von Soziopathen, Egomanen und Narzißten zu beklagen ist. Rücksichtslosigkeit ist Trumpf.
    Wünsche dir ein sonniges Pfingstwochenende.
    VG
    Oskar

    AntwortenLöschen

Ich freue mich über jeden Kommentar und möchte mich auf diesem Weg recht herzlich dafür bedanken. Kommentare sind wie das Salz in der Suppe. Ohne fehlt sehr viel.