Die Geschichte des Karnevals
Von den Römern und den Germanen, übers
Mittelalter in die Franzosenzeit bis zur Gründung des "Festordnenden
Comités" im Jahre 1823
Die römische Kolonie Colonia Claudia Ara
Agrippinensium hatte als Hauptstadt der Provinz Niedergermaniens u.a.
die Aufgabe, die kulturelle Überlegenheit des römischen Reiches nach
außen zu dokumentieren. So war die Stadt von Anfang an weltoffen. Bis
Skandinavien und weit in das rechtsrheinische germanische Gebiet
bestanden wirtschaftliche und kulturelle Verbindungen. Aus Italien
strömten Besucher aller Art nach Köln (Soldaten, Händler,
Gewerbetreibende usw.), die zum Teil hier sesshaft wurden. Durch die
Fremden kamen kulturelle Einflüsse aus dem fernen Süden. Osten und
Norden in die römische Kolonie am Rhein. So ist es nicht verwunderlich,
dass im römischen Köln auch Gottheiten verehrt wurden, die aus dem
keltischen, germanischen und griechisch-orientalischen Kulturkreis
kamen. So bunt gemischt wie die Einwohner waren, so bunt gemischt war
auch die Götterverehrung.
Als Kolonie hatte Köln das Recht, die gleichen Feste
zu feiern wie Rom. Dazu gehörte unter anderem das Fest der Saturnalien,
das vom 17. - 19. Dezember gefeiert wurde (meistens dehnte es sich
sogar eine ganze Woche aus). Es war ein bedeutendes Freudenfest der
antiken Welt und sollte an die Zeit der Herrschaft des Gottes Saturn
erinnern, in der es noch keine Sklaven gab. An diesen Tagen war es nicht
erlaubt etwas Ernsthaftes oder Wichtiges zu tun. Die Arbeit in der
ganzen Stadt ruhte und die Schulen blieben geschlossen. Alle waren
fröhlich, lärmten, tranken, sangen, tanzten, spielten und scherzten.
Männer und Frauen, Herren und Sklaven tauschten die Kleidung. Die freien
Bürger bewirteten an diesen Tagen die Sklaven. Das Fest der
Saturnalien, an dem die streng geübte Hierarchie ins Gegenteil gekehrt
wurde, war eine Art Karneval der antiken Welt.
Die Römer veranstalteten an diesem Tag auch einen
Umzug, in dem hier in Köln ein Schiffskarren mitgeführt wurde, der
carrus navalis. Von diesem kultischen Schiffskarren leitet sich
vermutlich das Wort Karneval ab. Dieser Schiffskarren war ein kunstvoll
gezimmertes Schiff, das auf einem Wagen gezogen wurde. Es war in
grellbunten Farben bemalt und es wurden Figuren der Göttinnen Isis und
Nerthus darauf mitgeführt. Isis wurde als ägyptische Göttin der
Fruchtbarkeit und des Todes verehrt und Nerthus als germanische
Fruchtbarkeitsgöttin. Die Römer taten sich mit dem ägyptischen Isiskult
etwas schwer, daher haben sie ihn mit dem Gott Saturn verbunden. Wie die
römische Mythologie behauptet, brachte der Gott Saturn mit seiner
milden Herrschaft den Menschen Freiheit und Glückseligkeit.
Der Schiffskarren mit Isis und Nerthus wurde von
verkleideten und lärmenden Menschen begleitet, sowie von einer
aufreizenden Musik von Handpauken, Zimbeln, Flöten und Rasseln.
Vielleicht sollte damit der Tod verbannt oder verscheucht werden, denn
der Göttin Isis sagte man eine magische Kraft zum Reich der Toten nach.
Hier wurde mit Übermut gegen den Tod gekämpft. Durch dieses Fest wurde
der Lebenswille der Römer gewaltig gesteigert.
Die Saturnalien wurden noch bis ins 4. Jahrhundert
gefeiert. Durch griechischen Einfluss wurde aus dem Fest allerdings mehr
und mehr ein Karnevalstreiben. Der Isiskult verband sich später mit dem
Kaiserkult. Unter Kaiser Konstantin wurde das Christentum (343) zur
Staatsreligion ernannt. Von da ab vermischten sich allmählich heidnische
und christliche Bräuche miteinander.
Im keltisch-germanischen Kulturraum war das Frühjahr
die Zeit der Vertreibung böswilliger Winterdämonen. Mit Lärm und Feuer
rückte man gegen sie aus. Unter der Maske von Bock, Hirsch und Bär, die
den Fruchtbarkeitsgottheiten heilig waren, wurde der Winter
ausgepeitscht. Der christlichen Welt war dieses "Teufelswerk" fremd,
darum ordnete sie den Karneval der Liturgie des Kirchenjahres unter. Der
Karneval bekam nun einen tieferen Sinn, weil er vor den Beginn der
Fastenzeit gelegt wurde. Trotzdem ist in der christlichen Fastnacht bis
heute ein heidnischer Anklang spürbar geblieben, wie z.B. das Tragen von
Masken, das Zechen, Lärmen und Umhertollen. Im Mittelalter versuchte
die Kirche mehr und mehr diese alten Bräuche zu verdrängen. Köln war
schließlich Bischofssitz, und die Kirche hatte einen starken Einfluss
auf das Leben in der Stadt.
Im Mittelalter war der Fastabend sehr wörtlich zu
nehmen, als der Abend vor der großen Fastenzeit. Erst im Laufe der
nachfolgenden Jahrhunderte dehnte sich das Fest aus. Das
Fastnachtstreiben nahm dann im Laufe der Zeit offensichtlich unliebsame
Formen an. Nicht nur, dass die Stadt nicht mehr gewillt war Zuschüsse
für das Fest zu zahlen (städt. Protokoll von 1341 und mehrfach danach),
das Fest wurde sogar wiederholt verboten. Das Motiv für das Verbot war
weniger eine gesunkene Moral, als das Streben nach Sicherheit. Die
Angst, dass sich unter der Narrenkappe Diebe und Spione in die Stadt
schleichen könnten, war begründet.
Auch die Kirche feierte Fastnacht, obwohl sie
vielfach gegen dieses "teufliche Treiben" wetterte. So war es im
Mittelalter üblich, dass im Dom und in den Stiftskirchen von der
niederen Geistlichkeit ein "Narrenpapst" oder "Narrenbischof" gewählt
wurde. Man ließ ihn auf einem Esel in die Kirche reiten. Es sollte die
scherzhafte Umkehrung der strengen kirchlichen Hierarchie sein. Es
folgte ein Lobgesang auf den Esel und ein Gottesdienst wie üblich. Hier
sind Verbindungen zu den römischen Saturnalien erkennbar, wo freie
Bürger und Sklaven die Rollen tauschten. Da unsere religiöse Haltung
eine andere ist, als die der Menschen im Mittelalter, wäre dieser Brauch
heute nicht mehr denkbar.
Die religiösen Bruderschaften veranstalteten im
Mittelalter zur Fastnacht Figuralprozessionen in unterschiedlicher
Verkleidung. Diese Prozessionen, in denen Männer in Frauenkleidern
oftmals zu einem Ärgernis der Kirchenoberen wurden, ähnelten einer
fastnachtlichen Kappenfahrt. Wiederholt wurde es den Klerikern verboten,
sich zu maskieren. Diese religiösen Maskenfeste hatten jedoch auch ihre
Befürworter. Im 15. Jahrhundert hieß es: "Unsere Vorfahren waren große
und ehrwürdige Männer. Sie haben das Narrenfest aus weisen Gründen
eingesetzt. Lasst uns leben wie sie und tuen, was sie taten."
Es war auch die Klostergeistlichkeit, die ab dem
18.Jahrhundert am Donnerstag vor Karneval den Anfang des Fastelabends
machte (siehe Abschnitt "Weiberfastnacht").
Die Form des Karnevalsfestes wurde im Mittelalter
durch die jeweils tonangebende Schicht der Gesellschaft bestimmt. Das
waren ab dem 17. Jahrhundert die Zünfte, ihnen fielen die Hauptrollen im
Karneval zu. Mit ihren Banden bestimmten sie das äußere Bild des
Karnevals. Diese Banden waren Aufführungen, in denen sich
Fastnachtsspiel und Verkleidung miteinander verbanden. Mit Tanzen und
Spielen zogen die "Gesellenbanden" auf öffentliche Plätze, vor
Gasthäuser und vor den Häusern der reichen Bürger auf und boten in
Liedern und satirischen Szenen Begebenheiten aus ihrem Berufsleben dar
und nahmen in witziger Persiflage alles aufs Korn, was Anlass zum Spott
bot. Als Dank wurden sie bewirtet. Dieser Brauch geht wieder auf die
Römer zurück, bei denen die Herren die Sklaven bewirteten.
Während des 18. Jahrhunderts kam es nach
italienischem Vorbild zu einer Art Korso in Köln. An den Karnevalstagen
versammelten sich Komödianten, Schausteller und Gaukler in der Stadt.
Von Kurfürst Clemens August ist überliefert, dass er
alljährlich am Dreikönigstag ein großes Mahl abhielt und dazu
Domherren, Deutschordensritter, Stiftsdamen und andere vornehme Bürger
einlud. Man traf sich vermummt und in ausgelassener Freude. In Anlehnung
an diese Feste am Hof des Kurfürsten fanden im 18. Jahrhundert die
Redouten als vornehme Fastnachtvergnügen statt. Es waren Bälle, auf
denen ein absoluter Maskenzwang bestand. Die Redouten fanden im Kölner
Gürzenich statt.
1794 wurde Köln unter französische Herrschaft
gestellt. Obwohl die Franzosen versicherten, nichts an den Gesetzen und
Gebräuchen des Landes zu ändern, wurden Kirchen und Klöster aufgelöst
und der Karneval verboten. Aber so ganz ließ sich der Karneval nicht
verbieten. Er verlagerte sich vielmehr von der Straße in die
Wirtshäuser, aber auch dem geboten die Franzosen Einhalt. Als sie sich
dann allmählich von der Harmlosigkeit des Festes überzeugt hatten, hoben
sie das Karnevalsverbot 1801 wieder auf. Da zwischenzeitlich die Zünfte
abgeschafft wurden, war dem Karneval der Boden entzogen worden. Auch
Revolution und Krieg hatten sich ungünstig auf das Fest ausgewirkt, so
dass es teilweise ausartete.
In der Franzosenzeit häuften sich die
Charaktermasken im Karneval, und es wurde verstärkt das Zeitgeschehen
aufs Korn genommen. Man fand sich zu kleinen Zügen zusammen, die durch
die Stadt zogen. Wer an einem dieser Züge teilnehmen wollte, musste sich
bei der Armenverwaltung eine Karte kaufen. Der Erlös diente wohltätigen
Zwecken. 1812 nahm sogar die französische Besatzung an den Zügen teil.
Neigten sich die Fastnachttage dem Ende zu, wurde die Zeremonie des
"Begrabens" vollzogen. Es bildete sich ein Trauerzug mit
Trompetenbegleitung (siehe Nubbelverbrennung).
1815 kamen die Preußen nach Köln. Köln wurde wieder
eine deutsche Stadt und von den Rheinlanden annektiert. Die Preußen
erlaubten den Karneval erst einmal, trotz einer immer bedrohlicher
werdenden Verrohung. Es machten sich hemmungslose Ausschweifung und
Rüpelhaftigkeit breit. So wurde unter der Maske der Narrheit viel Unfug
getrieben und viele Masken waren unmoralisch und taktlos. Das Fest war
zu einem wüsten Durcheinander ausgeartet. Darum war zu befürchten, dass
die Preußen den Karneval verbieten würden. Die Kölner taten sich ohnehin
schwer mit den preußischen Begriffen von Disziplin und Ordnung, die sie
mit ihrer Lebenseinstellung nicht in Einklang bringen konnten. Der
Kölner ist ein Mensch, der nie untertan gewesen ist und auf Maßnahmen,
die seiner Auffassung von Freiheit widersprechen, reagiert er mir
Ironie. Eine Tatsache, die die Preußen verärgerte.
Aus diesem Grund ergriffen einige Männer der
geistigen und wirtschaftlichen Oberschicht die Initiative. Sie
reformierten den Karneval im romantischen Sinne und organisierten ihn
neu. Man gab dem Fest den Helden Karneval als Mittelpunkt, an dem sich
das ganze Fest hochranken sollte. Man wollte die Oberschicht der Kölner
Bürger für den Karneval zurück gewinnen und das Fest wieder in altem,
längst vergessenem Ruhm erstrahlen lassen. Das war die Geburtsstunde des
Festordnenden Comités und die Erneuerung des Karnevals in romantischem
Sinne. Die Gründer des Comités waren alle noch dem reichsstädtischen
Köln und dem Kaiser verbunden, und so stand der Held Karneval plötzlich
im Gewand des Kaisers vor seinen Mitbürgern.
Wie interessant, liebe Irmi - vielen Dank und die besten Grüße
AntwortenLöschenKnitgudi
wouwww liebe Irmi, welch eine Riesen-Recherche, hochinteressant!
AntwortenLöschenVieles - man könnte es auch Götzenkult nennen besteht ja im Hintergrundsgedanke auch im heute noch wenn auch abgeschwächt zeigen die heutigen meist sehr hässlichen und übertriebenen Masken auf den Strassen und Bällen die Absichten die dahinter stecken. den Winter austreiben, das Böse beschreiben, das Gute hervorholen und obwohl heutzutage kaum einer mehr daran glaubt besteht die Tradition in vielen Städten wie Köln weiter und verkündet was sie mit dem Faschingstreiben und Trubel meinen.
Unter den Masken verstecken dazu zieht man sie sich auf und manches Mal wird`s auch im Heute noch missbracht für allerlei Unsinn und Schwachsinn und der eine oder andere böse Gedanke....
ich danke dir für die herausragende Recherche und deinen sehr interessanten Bericht darüber..
herzlichst ein Gruß in deinen Rosenmontag den du so herrlich beschrieben hast..
angelface
Liebe Irmi, das ist ja ein riesengroßer Bericht über die Entstehung des Karnevals, hast du dir Mühe gemacht. Solchen Bericht darüber habe ich noch nie gelesen, ich habe mich auch nie dafür interessiert, weil ich als Christ keinen Bezug dazu habe. Viel Heidentum steckt in dem Treiben, und manch Böses, du hast es erwähnt, wird unter einer Maske vertseckt und durchgeführt, ne, das ist nicht mein Ding. Hast du was mit Geschichte zu tun? Lehrerin, oder sowas? Ich finde es erstaunlich, so ein geschichtliches Dokument zu erstellen, alle Achtung.Ich freue mich sehr auf deine interessanten Geschichten und Berichte, weiterso.
AntwortenLöschenEine gute Woche, die Sonne scheint bei uns also kann der Tag nur schön werden.
Liebe Grüße
von Edith
Moin liebe Irmi,
AntwortenLöschendas hast wunderbar recherchiert - Applaus.
LG Helga
Ich muß gestehen, ich bin ein Faschingsmuffel...;-(
AntwortenLöschenDennoch, interessante Zeilen.
Liebe Grüße
Jennifer
http://jennifer-femininundmodisch.blogspot.de/2017/02/jennifer-wird-40-ankundigung-my-40th-b.html
Liebe Irmi,
AntwortenLöschenwas für interessante Infos rund um diese berühmte 5.Jahreszeit!
Lieben Gruß und einen feinen Wochenstart,
herzlichst moni
Was für eine Arbeit Du Dir gemacht hast! Ich muss gestehen, ich kann das zeitlich bedingt nun gar nicht Alles durchlesen, lasse aber gerne ganz liebe Grüße an Dich da! 🐯
AntwortenLöschenIch mag keine Masken, weil sie die Wahrheit verbergen. - Jeder mag Karneval feiern, der es möchte. - Mir ist das Ganze oft zu aufgesetzt und wirkt so 'einstudiert': Jetzt ist Karnevalszeit, jetzt müssen wir alle fröhlich sein. - Nicht so meins! Danke für deine Recherche und LG! Martina
AntwortenLöschenLiebe Irmi,
AntwortenLöschenmir geht es in Sachen Karneval wie Martina - ich gehöre eher zu den Faschingsmuffeln als zu den Befürwortern. Aber WENN ich auf einen Faschingsball gehe, bin ich auch derart maskiert, dass mich niemand erkannt. Es sei denn - mein Mann seht neben mir ... **grins**
Dass der Karneval seinen Ursprung im Fest der Saturnalien hat, habe ich schon gelesen. Aber alles andere, was Du recherchiert hast, war mir bisher neu. Wieder eine ganze Menge dazugelernt ...
Vielen Dank, und liebe Grüße
Christine
Liebe Irmi,
AntwortenLöschenwie interressant....
Hier wird ja nicht so Karneval gefeiert....
Jen
Liebe Irmi,
AntwortenLöschenja, sehr interessant sind Deine Recherchen zum Karneval. Nun ist mir auch klar warum gerade Köln eine Hochburg des Karnevals ist.
Liebe Rosenmontagsgrüße
Kerstin
Liebe Irmi,
AntwortenLöschenes war interessant für mich deinen Post zu lesen.
Als Faschingsmuffel habe ich mich noch nie mit der Geschichte auseinander gesetzt.
Viele liebe Grüße
Silke