Wäre es nicht schön, wenn man sich mit Tieren unterhalten könnte? Mich
würde brennend interessieren, was sich die Meisen am Futterhäuschen zu sagen haben oder was
die Französische Bulldogge Crusty so denkt. Doch Sprache bleibt den Tieren verwehrt, zumindest
in dem Sinne, wie wir sie in der menschlichen Kommunikation kennen: eine Reihung von Wörtern,
um selbst komplizierteste oder abstrakte Sachverhalte so darzustellen, dass das Gegenüber
unsere Überlegungen nachvollziehen kann. Das ist übrigens meine eigene Definition; eine
allgemeingültige, einfache werden Sie nicht finden. Und das hat mich überrascht, als ich für
diesen Artikel recherchierte. Denn wenn von der Sprache der Tiere die Rede ist, heißt es
meistens vorschnell, im menschlichen Sinne von Sprache könnten sich Tiere grundsätzlich nicht
verständigen, Sprache sei eine rein menschliche Eigenschaft. Das halte ich für falsch!
Um sich tierischer Sprache
zu nähern, hilft es, sich zunächst einige Komponenten der menschlichen
Sprache anzuschauen. Unabdingbar dafür sind etwa Zeichen, Laute, Sender
und Empfänger. Die letzten drei findet man auch bei vielen Tieren, bei
Zeichen wird es allerdings schon schwieriger. Doch was ist mit Kratzern
an Bäumen, Kothaufen auf markanten Erhebungen, mit deren Hilfe ein
Revier markiert wird, oder ähnlichen einfachen Verständigungsformen?
Sind das keine Zeichen? Im Sinne von Schrift nicht, das ist richtig.
Schrift ist
tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen. Doch wenn wir so
rigoros argumentierten, würden wir allen Menschen, die nicht schreiben
oder lesen können, unterstellen, nicht sprechen zu können, nur weil sie
keine Schriftzeichen für ihre Sprache verwenden. Dabei gibt es in der
Geschichte der Menschheit Kulturen, denen eine Schriftsprache fremd war,
wie etwa vielen Indianerstämmen Nordamerikas. Also können wir doch
festhalten: Schriftzeichen sind keine Voraussetzung für Sprache, sondern
nur eine Form ihrer Abbildung oder Darstellung. Bleibt also für die
Definition von Sprache die Verständigung durch Laute und Körperzeichen.
Willkommen im Reich der Tiere!
Wenn Ihnen dieses
gedankliche Konstrukt zu abwegig erscheint, kann ich das gut verstehen.
Dennoch gibt es eine ganze Reihe von Arten, wie zum Beispiel die Orcas,
bei denen sehr komplexe Verständigungsmöglichkeiten durch Laute schon
sehr gut erforscht sind. Um es Ihnen und mir aber nicht zu einfach zu
machen, bleibe ich mit meiner Untersuchung der tierischen Sprache an
Land und in Deutschland. Wir brauchen uns nur auf den heimischen Wiesen
umzuschauen, um auf Wesen zu treffen, bei denen die Körpersprache
unserer so ähnlich ist, dass damit sogar die Verständigung zwischen den
Arten problemlos funktioniert. Kommen Sie mit auf unsere Pferdeweide!
Hier stehen Zipy und Bridgi, ein Quarter Horse und eine
Appaloosa-Stute. Meine Frau und ich haben täglich mehrmals Kontakt mit
ihnen, schließlich wollen sie mit Wasser und Futter versorgt werden. Und
sofern es unsere Zeit zulässt, trainieren wir auch beide das
Westernreiten mit ihnen. Westernreiten basiert auf Minimalhilfen, das
heißt, das Pferd
soll auf kleinste Muskelanspannungen oder Gewichtsverlagerungen des
Reiters reagieren: Lehne ich mich ein wenig nach links, wendet das Tier
ebendiese Richtung, entspanne ich mich und atme dabei leise aus, dann
stoppt mein Pferd sofort – selbst aus vollem Galopp. Hinzu kommen
Handzeichen bei der Arbeit am Boden: Hand hoch heißt anhalten, Hand tief
bedeutet die Erlaubnis zu fressen. Verbale Kommandos wie
"back"
leiten den Rückwärtsgang ein, ein Pfiff lässt beide Pferde zu uns kommen.
Wenn Pferd und Reiter
sich gut kennen, sind die beiden so gut eingespielt, dass sogar eine
Kommunikation über die üblichen Arbeitszeichen hinaus möglich ist. So
erkennen die Tiere ohne Probleme, welche Laune wir haben, wie wir
gestimmt sind. Bin ich an einem Tag mit dem linken Fuß zuerst
aufgestanden, dann kann ich das Training gleich sein lassen. Denn die
Pferde merken das an meiner Körperhaltung – sind es herabhängende
Schultern, ist es eine Steifigkeit im Rücken, kombiniert mit einem
entsprechenden Gesichtsausdruck? Woran erkennen Sie jemanden mit
schlechter Laune? Ich kann es nicht genau sagen, aber dass sich an
solchen Tagen, die schlechte Laune mit sich bringen, definitiv etwas an
mir verändert, sagt mir allein schon mein Rücken: Er schmerzt bei Stress
stärker – verursacht durch Verspannungen. Eine Binsenweisheit für
Bandscheibenpatienten und für Menschen meines Alters, deren Wirbel
leider bereits deutlichen Verschleiß zeigen.
Die Pferde jedenfalls
spiegeln meine schlechte Laune deutlich: Sie verweigern die Mitarbeit.
Oder leisten nur äußerst widerwillig Folge. Das ist nur logisch: Wer mit
sich selbst im Unreinen ist, ist auch ein schlechter Chef. Gereiztheit
führt zu Ungerechtigkeiten, auf die Pferde genau wie wir sehr
empfindlich reagieren. Kein Wunder, wenn Zipy und Bridgi mir an solchen
Tagen die Gefolgschaft verweigern.
Umgekehrt
können Menschen natürlich genauso gut die Körpersprache der Pferde
lesen. Stark angelegte Ohren zeigen Aggressivität, leicht angelegte
Ohren dagegen die Konzentration des Pferdes auf den Reiter. Das
sprichwörtliche Scharren mit den Hufen drückt Ungeduld aus, das Schlagen
mit dem Schweif kann Widerwillen bedeuten. Und Laute kann ein Pferd
auch produzieren: Schnauben und Wiehern in verschiedenen Tonlagen kann
uns Menschen einiges über die Gemütslage verraten. Aber ist das schon
Sprache?
Ein Wiehern
kann hoch oder tief sein, das weiß jeder Pferdehalter oder Reiter. Mir
ist bislang nicht bewusst gewesen, dass jedes Wiehern aus hohen und
tiefen Tönen zusammengesetzt ist. Jetzt haben Forscher der ETH Zürich
herausgefunden, dass die Tiere auf diese Weise vielfältige Informationen
kundtun: Je nach Botschaft und Stimmung variieren die Anteile von
Tonfrequenzen und die Tonhöhe. Wie konnten wir das so lange überhören?
Schließlich ist die gemeinsame Geschichte von Mensch und Pferd schon
5.500 Jahre alt.
Es ist unbestritten,
dass die menschliche Sprache etwas Besonderes ist. Doch bloß weil das
Vokabular der Tiere je nach Art etwas oder auch deutlich geringer
ausfällt als das unsrige, sollten wir nicht vorschnell urteilen und
behaupten, Tiere hätten keine Sprache. Beispielsweise kann ein Adler
doch viel besser sehen als wir, und dennoch würden wir niemals sagen,
dass wir Menschen blind seien.
Guten Morgen, meine liebste Irmi,
AntwortenLöschendas war ein sehr ausführlicher und interessanter Post über die Sprache der Pferde! Ich beobachtete das immer sehr genau, wenn sie schonmal Berichte über die Pferdeflüsterer zeigten!
Ich wünsche Dir einen zauberhaften Tag!
♥ Allerliebste Grüße udn einen festen Drücker, Deine Claudia ♥
Mit Pferden kenne ich n´mich nicht so aus.
AntwortenLöschenDoch wenn ich Dina in einer Gruppe mit Beaglen erleben, kann man sehr gut sehen das sie sich verständigen und auch die Jungtiere erziehen.
Ich denke das ist bei allen Tieren mehr oder weniger so, die art ihrer Laute kombiniert mit Körpersprache sagt den anderen quasi wo es lang geht
lg gabi
bei uns ist ja die Pferdegegend und die Reiterstadt Verden an der Aller nicht weit. Es gibt ja die Pferdeplüsterer und Pferdekenner, du hast gut recherchiert.Wenn man die Sprache der Tiere versteht geht auch der Umgang damit entspannt von statten. Ich kenne die Hunde und Katzensprache, mit Pferden kenne ich mich nicht so aus.Fast alle Tiere haben eine aussagekräftige Körpersprache , die muss man verstehen und deuten können.
AntwortenLöschenLiebe Grüße in den Tag, Klärchen
Ich denke Hundehaltern die sich ein wenig mit der Körpersprache ihrer Tiere beschäftigen können das gut nachvollziehen , das Tiere ihre eigene Art der Kommunikation haben. Beobachten erklärt vieles ;)
AntwortenLöschenLG heidi
Interessante Gedanken, liebe Irmi,
AntwortenLöschenein Thema, das schier unerschöpflich zu sein scheint. Es lohnt sich jedenfalls unbedingt für uns Menschen, wenn wir mit einem Tier umgehen bzw. zusammenleben möchten, sich ein wenig mit der besonderen "Sprache" des Tieres zu beschäftigen.
Lieben Dienstagsgruß
moni
So schön geschrieben Liebes, es macht ein wenig nachdenklich. Das meine ich positiv!
AntwortenLöschenHerzlichst, Meisje
Liebe Irmi,
AntwortenLöschenda ich ja schon ein paar Jahre mit Pferden "verbunden" bin, habe ich gelernt, mit ihnen auf eine besondere Art zu kommunizieren. Meine Resada und ich "verstehen" uns gut, vielleicht nicht immer, aber auf wunderbare, vertrauensvolle Art. Ich hoffe, dass uns das noch ein bisschen erhalten bleibt.
Allerbeste Grüße
Anke
Liebe Irmi,
AntwortenLöschendanke für die interessanten Informationen. Pferdesprache verstehe ich nicht, aber Katzen :)Ich denke, dass jeder Mensch mit Tieren kommunizieren kann, wenn er will. Man muss nur auf die Tiere eingehen.
Liebe Grüße Sabine
Servus Irmi,
AntwortenLöschenwenn wir auf unseren Spaziergängen an Pferdekoppeln vorbei kommen muss ich immer stehen bleiben. Der Blick in das Pferdeauge ist so wunderbar - ich muss dann eine Unterhaltung anfangen und die "Antworten" kann man ganz oft auch verstehen, in den Augen und Gesten.
Schönen Wochenteiler,
Luis
Liebe Irmi,
AntwortenLöschendas ist ein sehr interessanter Beitrag. Tiere haben eindeutig Verständigungsmöglichkeiten. Auch zwischen Mensch und Tier ist eine Verständigung auf einem gewissen Level möglich. Inwiefern dies alles als Sprache, im Sinne unserer Sprache zu verstehen ist, ist sicherlich ein sehr komplexes Thema.
LG
Astrid